Unfall
Wir wissen, dass belastende Erlebnisse – wie ein Verkehrsunfall im Kindesalter – in der Regel schwerwiegende Folgen haben. Glücklicherweise gibt es heute speziell darauf abgestimmte Therapien, die Kindern helfen, das Erlebte zu bewältigen.
Es muss aber nicht immer gleich ein schwerer Unfall sein – manchmal ist es ein Sturz mit dem Fahrrad oder die Begegnung mit einem riesigen Hund, der für das Kind nichts mehr sein lässt wie es vorher war.
Wie gut, wenn wir in der Sitation bei unserem Kind sind oder es direkt danach zu uns kommen kann. Dann sehen wir ihm den Schock direkt an und können es beruhigen und trösten. Bestimmt wird es immer wieder über das Erlebnis sprechen wollen oder es spielt das Geschehen mit Puppen oder Kuscheltieren nach. All das sind sehr hilfreiche Methoden, um den großen Schrecken zu verarbeiten.
Wenn wir Erwachsenen nicht dabei waren und das Kind nicht über das belastende Erlebnis sprechen kann, wird es schwieriger. Uns Eltern oder in der Kita fällt auf, dass sich das Kind verändert hat. Es wirkt deprimiert und teilnahmslos oder es verhält sich umgekehrt hyperaktiv und bestimmend. Wir gehen immer davon aus, dass das Verhalten einen guten Grund hat und machen uns feinfühlig auf Spurensuche.
Vielleicht hat das Kind die bedrohliche Situation als völlig unkontrollierbar erlebt und versucht nun verzweifelt, alles in seiner Umgebung unter Kontrolle zu halten. Oder es fühlt sich noch immer wie unter Schockstarre und hilflos. Jetzt beginnt für uns die Detektivarbeit: Womit könnte das veränderte Verhalten zusammenhängen?
Fallbeispiel:
Die 6-jährige Anna ist beim Klettern ins Baumhaus einige Meter abgerutscht, bevor sie sich gerade noch im Sturz abfangen konnte. Mit einem großen Schreck und einigen Schürfwunden ist sie vom Baum gestiegen und zur Mama ins Haus gerannt.
Alle waren froh, dass keine schlimmen Verletzungen zu versorgen waren – Pflaster und Verband reichten aus. Anna durfte auf dem Sofa liegen, bekam Tee und Kekse und am Abend hat sie Papa das schlimme Erlebnis noch einmal erzählt.
Erst einige Zeit später konnte Anna immer schlechter einschlafen, wurde ängstlicher und wollte auch nicht mehr Fahrrad fahren.
Solche Situationen gibt es immer wieder. Auch wenn es scheinbar kein schwerer Unfall oder nur ein Schreckerlebnis war, kann das Erleben der Ohnmacht, der Hilflosigkeit und des Schmerzes das Kind im Innersten erschüttern. Es verliert sein Vertrauen in die Welt und in sich. Bereits erlernte Fähigkeiten traut es sich nicht mehr zu und es fühlt sich nicht mehr sicher. Hier können wir ansetzen, indem wir für Stabilisierung sorgen und dem Kind dabei helfen, einen sicheren inneren Ort zu entwickeln.
In einem persönlichen Vorgespräch finden wir gemeinsam heraus, ob es besser ist das Thema als Familie zu bearbeiten oder ob für Ihr Kind die individuelle Unterstützung im Mittelpunkt stehen soll.